Der Sprung ins «lauwarme» Wasser

Selbständig sein, eigene Regeln befolgen, die Arbeitszeit selbst bestimmen – kurz, der eigene Chef oder die eigene Chefin zu sein, tönt für viele Arbeitnehmer verlockend.

Die Selbständigkeit ist mit vielen Chancen, viel Gestaltungsspielraum aber natürlich auch mit ein paar Risiken verbunden. Wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob man ins kalte Wasser springen soll und zu 100% Unternehmerin oder Unternehmer sein will, gibt es auch den Mittelweg zur Selbständigkeit im Nebenerwerb. Das bringt Vorteile und ein paar Dinge, die man beachten muss. Wir fassen kurz zusammen.

Musst der Arbeitgeber informiert werden?

Es ist grundsätzlich erlaubt, eine nebenberufliche Selbständigkeit in Angriff zu nehmen. Da die Möglichkeit besteht, dass diese zusätzliche Beschäftigung mit Interessen des Arbeitgebers nicht vereinbar ist, sollte eine schriftliche Genehmigung von diesem eingeholt werden. Zudem gibt unser Arbeitsgesetz maximale Arbeitszeiten vor, die bei einem Vollzeitpensum mit einer zusätzlichen Selbständigkeit sehr schnell überschritten werden. Dazu kann es auch für die Sozialversicherungen relevant sein, welche Versicherung im Falle eines Ereignisses die Kosten trägt. Transparenz gegenüber dem Arbeitgeber ist in diesem Fall bestimmt ein guter Ratgeber, der Unstimmigkeiten in der Zukunft vorbeugt. Eine schriftliche Genehmigung des Arbeitgebers schafft hier klare Verhältnisse. Sie kann auch an bestimmte Auflagen und Bedingungen geknüpft sein.

Ein wichtiger Aspekt der Selbständigkeit sind Konkurrenzverbote in Arbeitsverträgen: Gibt es solche? Wie detailliert sind sie bestimmt? Sie gelten oft über die Zeit des Arbeitsverhältnisses hinaus. Auch wenn es sicher keine gute Idee ist, seinen Arbeitgeber im Nebenerwerb zu konkurrenzieren, so ist doch zu klären, inwieweit eine Selbständigkeit fachlich und wirtschaftlich mit der Tätigkeit des Arbeitgebers vereinbar ist.

Einkommen und Steuern

Idealerweise werden mit der bestehenden Arbeitsstelle die Lebenshaltungskosten gedeckt. Dies reduziert die Abhängigkeit von der eigenen Firma. Hinsichtlich der auf das zusätzliche Einkommen zu entrichtenden Steuern gibt es einige Dinge, die beachtet werden müssen. Bei einer Einzelfirma ist weiterhin die Person das Steuersubjekt und die zusätzlichen Einnahmen sind 1:1 zum Einkommen zu rechnen. So kann es für die Steueroptimierung unter Umständen bereits früh Sinn machen, ein eigenes Unternehmen zu gründen, um durch die Anpassung des Lohnes von der eigenen Firma das Gesamteinkommen steuerlich zu optimieren. Hier hilft frühzeitiges Informieren und Rechnen oder eine entsprechende Beratung.

Was ist mit den Sozialversicherungen?

Sozialversicherungsabgaben für AHV, IV, EO sind auf Einkommen aus dem Nebenerwerb unter CHF 2’300 pro Kalenderjahr nur auf eigenen Wunsch zu entrichten. Übersteigt das Einkommen diese Grenze, müssen auf dem gesamten Betrag Beiträge bezahlt werden. Eine Nichtbetriebsunfall-Versicherung bei weniger als 8 Stunden Arbeit pro Woche und die Krankentaggeld-Versicherung ist freiwillig.

Zeit und Gesundheit

Bei der Arbeitsbelastung durch die Selbständigkeit als Nebenbeschäftigung gibt es rechtliche und gesundheitliche Aspekte. Rechtlich gesehen, ist der Selbständige im Nebenerwerb zuerst seinem Arbeitgeber verpflichtet. So darf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmenden durch die zusätzliche Belastung des eigenen Geschäfts nicht beeinträchtigt werden. Wenn also neben dem Hauptjob auch noch an den Abenden und an Wochenenden gearbeitet wird, darf dies die Leistung nicht beeinträchtigen oder die Arbeitssicherheit gefährden. Dazu kommt, dass im Arbeitsgesetz Arbeits- und Ruhezeiten definiert sind. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit liegt in der Schweiz bei 45 oder 50 Stunden. Arbeitgeber können darauf bestehen, ein Arbeitspensum zu reduzieren oder die Selbständigkeit zu unterlassen.

Dazu kommen ganz grundsätzliche Gedanken, um langfristig gesund zu bleiben. Durchgearbeitete Nächte und Perioden mit wenig Erholung gehören sicher nicht ins Reich der Mythen von Jungunternehmen. Doch gerade wenn man auch noch eine Tätigkeit als Angestellter ausübt, gilt es Arbeits- und Erholungszeiten im Auge zu behalten und die Zeit bewusst und gezielt zu managen.

Der Weg vom Nebenerwerb zum Hauptberuf

Zwar ermöglicht die Variante der Selbständigkeit im Nebenerwerb einen langsamen Einstieg in die Selbständigkeit, jedoch steht weniger Zeit für das Jungunternehmen zur Verfügung. Dies führt dazu, dass das Unternehmen nicht so schnell aufgebaut werden kann.

Wenn das Unternehmen erfolgreich ist, die Umsätze steigen und erste Gewinne eingefahren werden, stellt sich die entscheidende Frage: Ab welchem Ertrag beziehungsweise welchem zeitlichen Arbeitsaufwand wird der Nebenberuf zum Hauptberuf? Wann folgt der endgültige Schritt in die Selbständigkeit durch die Kündigung der Arbeitsstelle?