Die Mehrwertsteuer und ihre zwei Abrechnungsmethoden
Mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen haben in der Schweiz die Möglichkeit die Mehrwertsteuer auf zwei verschiede Arten abzurechnen: Die Abrechnung nach Saldosteuersatz und die effektive Abrechnungsmethode. Beide Abrechnungsarten haben Vor- und Nachteile. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen die Unterschiede und wo Stolpersteine versteckt sein können. Im Anschluss an den Artikel finden Sie eine kurze Zusammenfassung über die wichtigsten Punkte.
Die effektive Abrechnungsmethode
Bei der effektiven Methode deklariert das Unternehmen den erzielten Umsatz und zieht davon die bezahlte Mehrwertsteuer (Vorsteuer) wieder ab. Die Abrechnung erfolgt quartalsweise, d.h. am Ende eines Kalenderquartales hat der Unternehmer 60 Tage Zeit, die Abrechnung zu erstellen und den Betrag einzuzahlen.
Beispiel: Johann Küng hat sich für sein Architekturbüro für die effektive Abrechnungsmethode entschieden. Er beginnt mit der Tätigkeit am 01.10.2016. Im Januar erstellt er die MWST-Abrechnung für das 4. Quartal 2016 und hat dafür bis Ende Februar Zeit (31.12.2016 + 60 Tage).
Sein Umsatz in der Periode vom 01.10.2016 bis 31.12.2016 beträgt 43’200 (inkl. MWST). Für diesen Betrag muss er dem Staat die Mehrwertsteuer abliefern. Für sein Büro musste er Investitionen (Kauf Büromöbel, Kauf Laptop, Telefonrechnungen, Webseite, Bürobedarfsartikel) tätigen in der Höhe von CHF 10’800. Die Mehrwertsteuer die er auf diese Investitionen bezahlt hat, darf er dafür vom Staat zurückfordern. Ende 4. Quartal 2016 hat er eine Steuerschuld von CHF 3’200 (erhaltene MWST des Umsatzes) und ein Guthaben von CHF 800 (bezahlte MWST der Investitionen). Er muss somit bis Ende Februar dem Staat CHF 2’400 überweisen.
Saldosteuersatz
Damit kleinere und mittlere Unternehmen einen geringeren administrativen Aufwand mit der Mehrwertsteuer haben, wurde die Saldosteuersatzmethode geschaffen. Dabei handelt sich um die Möglichkeit die Steuerschuld mit einem pauschalen Satz zu berechnen, dafür hat das Unternehmen keinen Anspruch auf die Vorsteuer. Die Abrechnung erfolgt nicht quartalsweise wie bei der effektiven Methode, sondern Halbjährlich.
Jede Branche erhält einen eigenen Saldosteuersatz. Bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung können finden Sie eine Liste der verschiedenen Steuersätze nach Branche.
Wer darf die Saldosteuersätze anwenden?
Wer mittels Saldosteuersätzen abrechnen möchte, muss grundsätzlich die nachfolgenden Bedingungen erfüllen:
- Der steuerbare Jahresumsatz (inkl. Steuer) darf nicht mehr als 5,02 Mio. Franken betragen.
- Die geschuldete Steuer darf nicht mehr als 109 000 Franken pro Jahr betragen. Sie wird durch Multiplikation des gesamten steuerbaren Umsatzes mit dem für die betreffende Branche geltenden Saldosteuersatz ermittelt
Im ersten Geschäftsjahr bzw. im Jahr vor dem Wechsel von der effektiven Abrechnungsmethode zur Saldosteuer dürfen folgende Jahresumsätze nicht überschritten werden:
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 0,1 %, 0,6 %,1,3 %, 2,1 % max. CHF 5,02 Mio.
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 2,9 % max. CHF 3,76 Mio.
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 3,7 % max. CHF 2,95 Mio.
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 4,4 % max. CHF 2,48 Mio.
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 5,2 % max. CHF 2,10 Mio.
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 6,1 % max. CHF 1,79 Mio.
- bei anzuwendendem Saldosteuersatz von 6,7 % max. CHF 1,63 Mio.
Wer mittels Saldosteuersatz abrechnen möchte, muss dies der eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) schriftlich mitteilen. Bei der Erstanmeldung erhält man das entsprechendes Formular dafür.
Beispiel: Johann Küng hat sich für sein Architekturbüro für die Saldosteuersatzmethode entschieden und dies schriftlich der ESTV mitgeteilt. Die ESTV erteilt schriftlich die Bewilligung mit einem Satz von 6.1%. Johann beginnt mit der Tätigkeit am 01.10.2016. Im Januar rechnet er das 2. Halbjahr 2016 ab und hat dafür auch wieder 60 Tage bis Ende Februar Zeit.
Sein Umsatz in der Periode vom 01.10.2016 bis 31.12.2016 beträgt 43’200 (inkl. MWST). Johann muss trotz Saldosteuersatz von 6.1% seinen Kunden 8% Mehrwertsteuer in Rechnung stellen.
Für sein Büro musste er Investitionen (Kauf Büromöbel, Kauf Laptop, Telefonrechnungen, Webseite, Bürobedarfsartikel) tätigen in der Höhe von CHF 10’800. Diese Vorsteuer kann er mit der Saldomethode nicht geltend machen.
Johann’s Steuerschuld gegenüber dem Staat muss er wie folgt berechnen:
Umsätze inkl. MWST x Saldosteuersatz = CHF 43’200 x 6.1% = CHF 2’635.20
Wann ist die Anwendung des Saldosteuersatzes sinnvoll
Für diese Entscheidung ist es sehr wichtig seine zukünftigen Investitionen und Aufwendungen für Material und Betriebsmittel zu kennen. Die Saldosteuersätze sind so ausgelegt, dass auf lange Sicht nur ein geringer Vorteil daraus gezogen werden kann solange man sich wie der Branchenschnitt verhält. Hat man geringere Aufwände wie seine übliche Branche kann ein Saldosteuersatz finanzielle Vorteile bringen.
Besonders gut aufgepasst werden muss bei den Unternehmen, welche regelmässig Dienstleistungen aus dem Ausland beziehen. Auf diesen Aufwänden kann die sogenannte Bezugssteuer anfallen. Damit die ausländischen Dienstleistungserbringer den Schweizer Gesellschaften gleichgestellt sind, müssen diese Aufwände als Umsätze bei der Mehrwertsteuerberechnung aufgerechnet werden. Gleichzeitig darf aber ein Vorsteuerabzug gemacht werden, was in der Regel zu einem Nullsummenspiel führt. Bei der Saldosteuersatzmethode verzichtet das Unternehmen auf das Recht, die Vorsteuer abziehen zu können. Aus diesem Grund erlischt dieses Recht auch bei der Bezugssteuer und kann somit zu grossen negativen Folgen führen.
Beispiel: Johann Küng’s Architekturbüro macht einen Umsatz von CHF 43’200 im ersten Halbjahr. Damit sein Unternehmen gut anläuft hat er über Google und Facebook Werbeausgaben von CHF 20’000 und Investitionen in der Schweiz von CHF 10’800 getätigt. Das Architekturbüro rechnet mit einem Saldosteuersatz von 6.1% ab. Johann muss CHF 1’600 (8% von 20’000) in der Ziffer 381 der Mehrwertsteuerabrechnung zusätzlich deklarieren. Aus diesem Grund kommt er auf eine Steuerbelastung von CHF 4’235.20 (6.1% von CHF 43’200 + CHF 1’600). Mit der effektiven Methode hätte Johann nur CHF 2’400 (CHF 3’200 + CHF 1’600 – CHF 800 – CHF 1’600) bezahlen müssen.
Was ebenfalls berücksichtigt werden muss, ist der administrative Vorteil beim Saldosteuersatz. Besonders bei Personengesellschaften (Einzelfirma und Kollektivgesellschaft) mit einem Jahresumsatz von weniger als CHF 500’000 ist dies der Fall. Diese Gesellschaften müssen keine doppelte Buchhaltung führen und können mit der Saldosteuersatzmethode die Administration weiter vereinfachen.
Wechsel von einer Methode in die Andere
Ein Wechsel zwischen beiden Methoden ist immer auf den 1. Januar eines Jahres möglich. Es gilt dabei zu beachten, dass die effektive Methode mindestens drei Jahre beibehalten werden muss. Umgekehrt ist ein Wechsel jedes Jahr möglich. Der Wechsel muss schriftlich und spätestens 60 Tage nach Beginn der Steuerperiode bei der ESTV beantragt werden. Bei einer verspäteten Meldung erfolgt der Wechsel auf den Beginn der nachfolgenden Steuerperiode.
Das Wichtigste in Kürze
- die effektive Methode stellt den Normalfall dar und wird wie folgt berechnet:
- Vereinnahmte MWST – bezahlte MWST = Steuerschuld
- Saldosteuersatzmethode muss schriftlich beantragt werden
- Für jede Branche gibt es einen eigenen Steuersatz
- Berechnung der Steuerschuld mittels Saldosteuer:
- Umsatz inkl. MWST x Saldosteuersatz = Steuerschuld
- Bedingung für Saldosteuersatz
- Jahresumsatz < CHF 5.02 Mio.
- Steuerschuld < CHF 109’000
- Wo die Anwendung der Saldosteuersatzmethode sinnvoll ist, muss individuell abgeklärt werden
- Wechsel zwischen den Methoden ist möglich. Die effektive Methode muss 3 Jahre beibehalten werden. Die Saldosteuersatzmethode kann jährlich geändert werden
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